Dr. Schavan in Unkenntnis

Dr. Schavan in UnkenntnisNach einer aktuellen Studie der Universität Hamburg sind ungefähr 15 Prozent (7,5 Mio.) der Erwerbstätigen den funktionalen Analphabeten zuzurechnen. Das sind Menschen, die zumindest keine zusammenhängenden Texte lesen oder gelesene gar verstehen können. Ungefähr 30 Prozent dieser Gruppe scheitern an Sätzen und ca. 5 Prozent sogar an einzelnen Wörtern. Ob dieser Zahlen gibt sich die Bildungsministerin alarmiert und will in den nächsten drei bis vier Jahren 20 Mio. Euro für ein Alphabetisierungsprogramm zur Verfügung stellen.

Es sollte doch zur Kernkompetenz einer Bildungsministerin gehören, daß sie ungefähre Kenntnis über den Bildungsstand der Republik hat. Wenn sie sich nur hin und wieder mit Lehrern der verschiedenen Bildungseinrichtungen unterhalten würde, wäre ihr bekannt, daß je nach Schulform zwei von zehn Schulabgängern zu der oben genannten Gruppe gehören und dies gilt schon seit Jahrzehnten. Die Lehrer würden ihr auch gleich die Gründe mitteilen wie es möglich ist, daß ein Schüler einen Schulabschluß erhält, obwohl er im eigentlichen Sinn gar nicht Lesen und Schreiben kann.

Reflexartig Gelder für ein Programm bereit zu stellen, das den Alphabetisierungsgrad verbessern soll, kann nur einer von zwei Schritten sein. Viel entscheidender ist es die Ursache zu bekämpfen. Das mangelnde Sozialverhalten der Schüler geht eindeutig auf das Konto der Familien, nicht der Schule. Für die fehlende Schreib-/Lesekompetenz der Schüler stehen allerdings ausschließlich Schule und Lehrer in der Verantwortung. Selbstverständlich gibt es links unten in der Normalverteilungskurve einen Bereich von Menschen, die partout nicht schreib-/lesefähig sind. Aber es gilt diese Gruppe möglichst klein zu halten. Unabhängig von sozialer, regionaler oder ethnischer Herkunft sollte zukünftig niemand mehr eine deutsche Schule verlassen, der nicht Lesen und Schreiben kann. Lesen und Schreiben muß aber geübt werden. Sollte dafür im Unterricht keine Zeit sein, muß für diese Gruppe der Raum geschaffen werden, notfalls durch Ausfall nicht lebensnotwendiger Inhalte. Wenn man in diesem Zusammenhang – mehr durch Zufall – lernt, daß in vielen Bundesländern Diktate nicht mehr zur Leistungsmessung der Schüler herangezogen werden sollen, sondern sich dies an eigenen Texten orientieren soll, wird klar, daß das Schiff »Bildung« irgendwann einmal völlig vom Kurs abgekommen ist und wieder eingenordet werden muß. Lehrer sind (überwiegend) Beamte, Rektoren auch und Kultusminister sowieso. Da müßte doch was möglich sein.

Und was ist überhaupt mit dem Rechnen?
rh2011-03-002