Die vollständige Abkehr von Linux nach so vielen Jahren erfolgreicher Arbeit ist noch nicht beschlossene Sache. Aber es war so, daß einer der älteren Pentium IV Rechner mit Linux als Arbeits-Betriebssystem und Windows XP Professional als – nie wirklich genutztes FallBack-OS – nach vielen Jahren ersetzt werden mußte. Der neue Rechner wurde mit Windows 7 Professional 64-Bit – ebenfalls als Zweit-Betriebssystem gedacht – ausgestattet und weitere Partitionen schon einmal für Linux vorbereitet.
Windows 7 zeigte sich zur großen Überraschung von der aufgeräumten Seite. Alles war da, wo man es erwartete. Ein Autotester würde schreiben, daß alle Schalter und Bedienelemente in Reichweite des Fahrers platziert seien und die Rundumsicht keinen Anlaß zur Kritik böte. Also sollte Windows 7 erst einmal zeigen was geht und wurde mit den üblichen Applikationen, wie OpenOffice, Gimp, Firefox, Thunderbird, Filezilla, etc. ausgestattet. Mit OpenOffice tat es sich allerdings schwer. Bei jedem Speichervorgang vergingen jeweils ca. 5 bis 10 Sekunden Wartezeit, auch bei kleinen Dokumenten und störte so den Arbeitsablauf empfindlich.
Also wurde bei Microsoft die DVD mit Office 2010 Home & Student für 139 EUR bestellt um zu sehen, was MS-Office besser kann als OpenOffice. Diese Version enthält laut Microsoft die Vollversionen von Word, Excel und PowerPoint. Beim Öffnen der DVD-Box sprang dem Betrachter die Warnung entgegen »Sie sind nicht berechtigt, diese Software zu verleihen oder unrechtmäßige Kopien davon zu erstellen.« Ein Rechtsempfinden, das wohl jeder Mitteleuropäer problemlos teilen kann. Allerdings fehlte eine Botschaft der Freude, die Microsoft, anläßlich des neu gewonnenen Kunden, zum Ausdruck hätte bringen können.
Die Installation mit vorheriger Eingabe des Product Keys verlief reibungslos innerhalb von ca. 15 Minuten. Doch dann die Überraschung. Unter Word Datei/Hilfe war die Nachricht von einem Testprodukt mit Restlaufzeit zu lesen. Wie das? Da Microsoft nicht wirklich per Telefon zu erreichen ist mußte eben eine kurze E-Mail zur Abklärung des Sachverhalts reichen. Nach dem Absenden kam prompt eine maschinelle Rückbestätigung. Gleich oben war da in fetten Lettern zu lesen: »Schweregrad: Schweregrad C (Minimaler Einfluß auf Geschäftstätigkeit).« Was heißt hier »C«? Für mich war der Schweregrad meiner Anfrage mindestens A, gefühlt vielleicht sogar A plus plus. Was führt Microsoft also zu einer derartigen Verniedlichung? Als Lieferant kann man (sollte es aber nicht) den Kunden zwar für eine Nullnummer halten aber man darf es ihm nicht auch noch schriftlich mitteilen.
Die eigentliche Antwort kam auch schnell. Demnach ist das Leit-Produkt Office Professional 2010, das auch unbemerkt installiert wurde. Die Differenzapplikationen zur Poor Man's Application Home & Student, nämlich Access, Outlook und Publisher, sind die Testkomponenten, die in wenigen Tagen auslaufen.
Das alles ist also ein Vorgang seltener Transparenz. Die gesamte Welt hat sich in den letzten zehn Jahren völlig verändert und weiter entwickelt. Nur Kundenorientierung ist bei Microsoft scheinbar immer noch die selbe blinde Stelle, die sie ehedem war. Aber darin ist auch ein Stück Verläßlichkeit zu finden und damit auch der Grund warum ein Stück Festplatte für Linux weiterhin reserviert bleibt.
rh2011-03-008