Aufgrund der fehlenden Fachgeschäftdichte nutzen wir seit unserem Wohnortwechsel vom Ruhrgebiet ins nördliche Emsland bzw. südliche Ostfriesland, was aber das gleiche ist, verstärkt die Möglichkeit Waren über das Internet zu bestellen. Ein Händler bot Lieferung gegen Rechnung an, was bei einem Erstkundenkontakt zumindest ungewöhnlich ist. Nun gut, Ware bestellt, Bestätigungsmail erhalten und dann, zwei Stunden später, erneut ein E-Mail mit dem Hinweis, daß die Bestellung leider nicht angenommen werden könne. Die Bezahlung der bestellten Ware müsse per Vorkasse oder Kreditkarte erfolgen.
Da unsere Bonität von hoher Qualität ist, war der naheliegendste Gedanke: Schufa. Zwar hatten wir noch nie etwas mit dieser Organisation, die insbesondere von Verbraucherschutzverbänden und Datenschützern häufig kritisiert wird, zu tun, und wußten auch nicht, ob und welche Daten dort über uns gespeichert sind. Aber warum sollte ein Händler unsere Bestellung ablehnen, wenn er nicht eine problematische Auskunft erhalten hätte? Wie, so lautet die Frage, erfährt die Schufa von einem Wohnortwechsel um die Datenbestände wieder zusammenzuführen?
Der Händler bestätigte zwar auf telefonische Nachfrage die Anfrage bei der Schufa, wollte aber am Telefon nichts zum Inhalt der Auskunft sagen. Neukunden würden, so hieß es weiter, im Gegensatz zu den Bestellangaben auf der Website, grundsätzlich immer über Vorkasse oder Kreditkarte abgewickelt. Dies geschehe auch unabhängig von der Bonität des Bestellers. Damit blieb also nur noch die Möglichkeit der Selbstauskunft bei der Schufa. Auf deren Website erhält man das Bestellformular Datenübersicht nach § 34 BDSG. Auf diesem Formular muß auch die frühere Adresse angegeben werden, sofern sie sich in den letzten zwölf Monaten geändert hat. Also erhält die Schufa offensichtlich aus irgendeiner Quelle in größeren, regelmäßigen Abständen Daten zum Abgleich ihrer Datenbestände. Auch in unserem Anschreiben, das das Bestellformular begleitete, wiesen wir zusätzlich und explizit auf die Adreßänderung hin.
Drei Wochen später kam die Schufa-Auskunft. Die Anschrift stimmte. Aber beim ersten durchblättern der Unterlagen fiel auf: Keine Historie außer der besagten Händleranfrage. Keine Bank, keine Kreditkarten, keine Mobilfunk-/UMTS-Verträge. Dann die nächste Überraschung: Trotz fehlender Datenhistorie war der Schufa offensichtlich klar, daß ich ein deutlich überdurchschnittliches Risiko darstelle und die Score-Werte waren ebenso im Keller, wie sich auf den folgenden Seiten herausstellte.
Eines wurde jetzt deutlich. Die Schufa hatte offensichtlich die Adreßänderung übersehen, hatte zudem datentechnisch keine Ahnung wer ich war und gab dennoch ein vernichtendes Urteil ab.
Da Schufa-Mitarbeiter offensichtlich leseunwillig sind, nutzte ich die kostenpflichtige Hotline für meine Beschwerde. Die Freundlichkeit dort rangierte zwischen 70er Jahre Finanzamt und Kohlenhändler. Nachdem die erste Dame endlich begriff, daß ich keine gebührenpflichtige Zweitauskunft wollte, wurde ich mit dem nächsten Supportlevel verbunden. Als wir dann die das kann überhaupt nicht sein Phase überwunden hatten, räumte diese Mitarbeiterin jedoch ein, daß die Adreßänderung bei der Datenerfassung übersehen wurde. Man würde mir eine neue Auskunft zukommen lassen. Mein Vorwurf, anfragende Schufa-Vertragspartner hätten bis zu dieser Klärung die gleichen negativen Auskünfte über mich erhalten können, wurde energisch bestritten. Auch in dem Antwortschreiben zu meinem Beschwerdebrief an den Vorstand der Schufa Holding AG wurde auf diesen Punkt nicht eingegangen.
Aus dieser ganzen höchst unerfreulichen Schufa Geschichte, vom Erstkontakt bis letztendlich zum Entschuldigungsschreiben bleibt folgendes festzuhalten:
- Obwohl die Schufa mich nach dem Umzug defacto nicht kannte war es ihr dennoch möglich eine Beurteilung über mich abzugeben. Diese Negativbewertung hätte mir im schlimmsten Fall schwer schaden können.
- Es scheint so zu sein, daß man zeitnah zu einem Umzug eine Selbstauskunft einholen sollte, da man über diesen Weg auch die Schufa Datenbestände aktualisieren kann.
- Da die Schufa Mitarbeiter – zumindest in meinem Fall – offensichtlich nicht auf Bankenniveau arbeiten, sollte man zusätzlich einmal jährlich eine kostenlose Datenübersicht anfordern.
rh2011-05-005