Der deutsche Steuerzahler scheint in einem staatlichen Konditionierungsprogramm zu stecken in dem ihm vermittelt wird sich stärker als bisher üblich finanziell an den Geschehnissen der Weltwirtschaft zu beteiligen. Die erste Lektion in dieser Hinsicht war die jüngste Weltwirtschaftskrise. Plötzlich waren viele der darin verstrickten Banken, die sich selbst in eine Sackgasse manövriert hatten, nach Ansicht unserer Politiker systemrelevant. Im Ergebnis wurden zur Rettung dieser Banken Milliarden von Steuertalern in dieselben gepumpt. Der Lernerfolg dieser Lektion lag für den Steuerzahler darin, zu erkennen, daß nicht alles Geld das man zur Bank bringt anschließend als Haben-Posten auf dem Kontoauszug erscheint. Der Lohn für sein finanzielles Engagement hingegen lag in der staatlichen Beteuerung, daß es ohne diese Hilfe hätte schlimmer kommen können.
In der zweiten Lektion, die logisch auf Lektion eins aufbaut, stellt sich die Lernkurve noch etwas steiler auf. Hier wird der Steuergroschen sozusagen über Bande gespielt. Griechenland ist pleite. Viele der systemrelevanten Banken sind aber Gläubiger Griechenlands und es droht ihnen der Totalverlust. Da das nicht sein darf (siehe Lektion 1), werden die Steuergelder jetzt in den griechischen Staat gepumpt. Die Griechen wiederum leiten diese Gelder – einem Durchlauferhitzer gleich – wieder an die Gläubigerbanken zur Begleichung ihrer Schulden zurück. Zwar hätte die Bundesregierung die Gelder auch gleich über die Straße zu den Gläubigerbanken tragen können, aber durch diese Zwischenbuchung bewahren die Griechen ihr Gesicht, so heißt es. Und später auch die Iren und die Portugiesen und die Spanier und so weiter.
Die zweite Lektion ist noch gar nicht ganz abgeschlossen, da drängelt sich schon ungeduldig die Volkswagen AG, genauer Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) klassenprimusgleich in den Vordergrund. Nach einem aktuellen Beitrag des NDR ist es so, daß die Volkswagen Nutzfahrzeuge, Hannover, der Stadt Hannover für einen Modellversuch zwei Elektro-Caddys für zwei Jahre zur Verfügung stellen, und dafür von der Stadt Hannover eine Vergütung in Höhe von 200.000 EUR erhalten werden. Oder anders ausgedrückt: Die Stadt Hannover, die ursprünglich einmal 30 Elektrofahrzeuge in einem Feldversuch für städtische Aufgaben einsetzen wollte, testet für VWN zwei Fahrzeuge für zwei Jahre, schreibt regelmäßige Testprotokolle, verzichtet immer wieder aufgrund von technischen Inspektionen durch VWN auf die Fahrzeuge, und zahlt dafür pro Jahr und Fahrzeug 50.000 EUR an VWN. Der Name Volkswagen bekommt damit eine ganz andere Bedeutung. Volkswagen läßt sich demnach sogar einen Teil der Entwicklung marktfähiger Produkte durch das Volk, also den Steuerzahler, vergüten. Da hat jemand schon ganz viel gelernt.
Dieses kleine Beispiel zeigt wieder einmal deutlich, wie es der Industrie, die mit ihrem Verhalten und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit augenscheinlich kein Problem hat, immer wieder gelingt Kommunalpolitiker über den Tisch zu ziehen. Vermutlich reden sie ihnen ein sie würden in die Zukunft investieren und die Region damit ganz nach vorne bringen.
Richtig spannend wird das Thema Umkehrung von Zahlungsströmen wenn die Umsetzung der neuen Energiewende Platz greift. Bei tausenden von Einzelprojekten spielen Bürger, Kommunen, Industrie, Interessenverbände, etc. eng zusammen und bieten damit hinreichend Raum für die verzerrte Wahrnehmung von Kostenverursacher und Kostenträger, Nutzenstifter und Nutznießer. Es würde zum Beispiel nicht verwundern, wenn die neuen Stromtrassen zwar mit öffentlichen Geldern errichtet würden, aber die vier Energieriesen hierfür die Durchleitungsgebühren kassierten. Die Stadt Hannover, so hieß es übrigens in dem NDR Bericht weiter, will versuchen die 200.000 EUR über Bundesfördermittel wieder hereinzuholen. Zweifel an dem Gelingen dieses Vorhabens sind nicht angebracht.
rh2011-06-003