Inseltoast only

Inseltoast onlyVor einigen Monaten mußte umzugsbedingt die Küche erneuert werden. In diesem Zusammenhang sollten dann auch einige Küchengeräte, wie Kaffeemaschine, Toaster und Wasserkocher, ausgetauscht werden. Die Wahl bei diesen Geräten fiel auf die Serie eines bekannten Küchengeräte-Herstellers. Die Farbgebung der Geräte wirkte dynamisch. Ich selbst stehe technischen Geräten, bei denen das Design im Vordergrund steht, eher skeptisch gegenüber. Das einzige Teil, das mich in dieser Hinsicht bisher nicht enttäuscht hat, ist mein Notebook Sony Vaio VGN-Z21MN.

Beim Auspacken der drei Geräte fiel die Verarbeitungsqualität auf. Soweit man überhaupt von Qualität sprechen konnte, erinnerte die Haptik der Geräte eher an leere Joghurtbecher. Ebenfalls vergleichbar mit den Verpackungen dieser Molkereiprodukte war das bedenkliche Wackeln der Deckel von Wasserkocher und Kaffeemaschine.

Zur Befüllung der Kaffeemaschine mußte man den oberen Deckel zurückklappen. Das führte wiederkehrend dazu, daß das Kondenswasser, das sich unterhalb des Deckels angesammelt hatte, an der Gehäuserückseite herunterlief, wo man es dann großflächig von der Arbeitsplatte wieder aufwischen durfte. Abhängig von der Stimmungslage desjenigen, der morgens um sechs den ersten Kaffee kochen sollte, war dieser Effekt durchaus geeignet die Stimmung weiter zu senken. Ich hatte jedenfalls meinen Kaffee regelmäßig auf. Irgend ein Halbingenieur muß diesen Umstand, wenn auch viel zu spät, erkannt haben, offensichtlich weit nach Abschluß der Produktentwicklungsphase, vermutlich sogar nach der Festlegung der Schritte für den Produktionsprozeß. Jedenfalls befand sich auf der rückwärtigen Außenseite der Kaffeemaschine, also in dem Bereich, in dem sich das Abwasser seinen Weg suchte, eine kleine, nachträglich angebrachte Abflußrinne. Diese hatte die Aufgabe das Wasser in das Innere der Maschine, genauer in den Wassertank, zurückzuführen. Sehr unappetitlich und zudem wenig effizient, wie die Praxis zeigte.

Auch der Toaster hielt eine Überraschung bereit. So war es unmöglich die normalen, handelsüblichen Toastbrotscheiben nach dem toasten dem Gerät zu entnehmen ohne hierfür Gabel oder Messer zur Hilfe zu nehmen. Andernfalls hätte man sich unweigerlich die Finger verbrannt. Selbst der vom Hersteller gepriesene Brotlift zur leichteren Brotentnahme arbeitete hier unzureichend. Kurzerhand die Kundenhotline des Herstellers angemailt und nach drei Wochen kam folgende Antwort:

»Da unsere Firma englischen Ursprungs ist, sind alle Toaster auf die Toasts der Größe Sandwichtoast ausgelegt. Dies führt dazu, dass bei manchen Geräten ein Entnehmen von Toasts in deutscher Größe etwas schwierig ist.«

Diese Antwort ist so verblüffend ehrlich und vermutlich mit keiner Geschäftsführung abgestimmt worden. Aber die Antwort ist auch wenig hilfreich. Denn, soll sich der Kunde seine Sandwichtoast jetzt selbst backen oder sie regelmäßig über das Internet im Ursprungsland bestellen? Oder sagt diese Antwort nicht vielmehr »tut uns leid, daß du dich für das falsche Produkt entschieden hast«. Die Kaffeemaschine übrigens, so hieß es in dem Text weiter, hätte kostenlos gegen das verbesserte Nachfolgeprodukt ausgetauscht werden können.

Um das Ende vorwegzunehmen. Alle drei Geräte wurden an den Verkäufer mit Kopie der Stellungnahme des Herstellers zurückgegeben. Der Toaster, den wir heute benutzen, fällt in die Kategorie German Steelwork. Die Hälfte des völlig überzogenen Kaufpreises erklärt sich vermutlich durch den hohen Einsatz von Edelstahl. Und wenn form follows function das Gegenteil von Design ist, dann hat er das, unser neuer Toaster.

Dennoch bleibt die Frage bestehen, warum Hersteller derartige Problemprodukte überhaupt auf den Markt bringen, wenn selbst halbwegs begabte Produkttester bereits im Vorfeld Mängel hätten erkennen können. Vermutlich kann man mit diesen Artikeln genügend Geld verdienen, solange eine bestimmte Reklamationsgrenze nicht überschritten wird. Die Handlingskosten pro Reklamationsfall dürften ebenfalls überschaubar sein, da reklamierte Geräte einfach entsorgt und nicht wieder aufbereitet werden. Der Ruf dieser Unternehmen wird auf der technischen Schiene dann nicht ruiniert, wenn auf der Desingebene ständig nachgelegt und aufpoliert werden kann.
rh2011-06-005

Zehn Dollar pro Kopf

Zehn Dollar pro KopfEs gab mal eine Zeit, da waren sich die bundesdeutschen Politiker in Debatten und Talk-Shows einig: Wir dürfen unseren Kindern und Kindeskindern keine Schuldenberge hinterlassen. Natürlich auch keine Atommülldeponien oder Berge von kaltverformten Getränkedosen an den Straßenrändern, dies sei nebenbei erwähnt. Das Thema Schuldenabbau war allen Politikern so immens wichtig, daß selbst die heilige Kuh Rentenerhöhung dahinter anstehen mußte. Also, die drastische Reduktion von Coladosen-Emissionen hatte seinerzeit funktioniert, da die Grünen hierfür extra einen Dosenminister zur Verfügung gestellt hatten. Das war dann aber auch alles.

Von Kindern und Kindeskindern wurde im Kontext mit der Verschuldung des Bundes bis heute nicht mehr gesprochen. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, eine Weltwirtschaftskrise kam und mit ihr noch mehr Arbeitslose. In dieser Zeit konnte der Staat natürlich nicht sparen oder Schuldenabbau betreiben, im Gegenteil. Da es auch kein richtiges Sparkonzept gab, und bis heute auch noch nicht gibt, stiegen die Schulden überproportional weiter an. Außerdem waren die damals zitierten Kinder zwischenzeitlich zu Jugendlichen herangewachsen, so daß man von ihnen Verständnis für die prekäre Situation erwarten durfte.

Noch bevor man den Wirtschaftsaufschwung so richtig genießen konnte, klopften auch schon die ersten Euro-Bankrotteure an die Tür und forderten vernehmlich finanzielle Unterstützung. So wächst der deutsche Schuldenberg unablässig weiter, übersteigt gerade die zwei Billionen Euro Grenze und wird mit ca. 150 Mio. EUR Zinszahlungen bedient. Täglich. Diese Zinsen sind aber die Steuern von morgen und ein Ende ist nicht absehbar. Da propagiert die FDP Steuersenkungen für alle. Kurz zuvor wurde ihr einseitig angelegter Parteivorsitzende gerade dieserhalb abgesägt, da tut es ihm sein Nachfolger nun gleich. Ihnen schwebt eine Steuerentlastung von 10 Mrd. EUR vor, das wären etwa 10 Euro pro bundesdeutschem Kopf und Monat. Das ist zwar auch Geld, aber angesichts der aktuellen Brot-Gemüse-Obst-Energiekosten Inflation würde dieses Geld nahezu wirkungslos verdunsten. Es handelt sich also um einen Akt von Symbolpolitik, die die FDP vor dem totalen Absturz retten soll.

Da auch die Kanzlerin die Felle der FDP davonschwimmen sieht und weiß, daß damit auch die ihren in Gefahr sind, stimmt sie dem Vorschlag grundsätzlich zu. Mit der Forderung nach Steuersenkungen kann man defacto nichts falsch machen. Aber das perfide an dem Universaljoker Steuersenkung ist, daß er dem, der ihn zuerst zieht, im gleichen Maße nutzt, wie er dem, der dagegen ist, schadet. Folgerichtig halten sich SPD und die Grünen bedeckt. Die Grünen haben ohnehin abseits der Atomkraft keine besonders ausgeprägte eigene Meinung. Selbst zur EHEC-Krise – vor Jahren auch einmal verantwortlich für Verbraucherschutz und Landwirtschaft – hatten sie substantiell nichts beizutragen. Und das Interesse der SPD an finanztechnischen Themen beginnt und endet seit Jahren mit der Börsenspekulationssteuer.

Vor dem Hintergrund des absehbar enormen Finanzbedarfs der kommenden Jahre (Europa, Energiewende, Verkehrsinfrastruktur, Bildungssystem, Gesundheitssystem, Pflegekassen, …) erscheinen derartige Geldgeschenke eher ruinös denn hilfreich zu sein. Es bleibt zu hoffen, daß sich maßgebliche Politiker wieder an ihre Absichtserklärungen von damals erinnern und wachrufen. Einige von denen sind nämlich noch die gleichen wie heute. Monothematisch angelegte Parteien werden mittelfristig jedenfalls nicht mehr die passenden Antworten auf die Probleme des Zeitgeschehens liefern können.
rh2011-06-004

Bank an Kasse

Bank an KasseDer deutsche Steuerzahler scheint in einem staatlichen Konditionierungsprogramm zu stecken in dem ihm vermittelt wird sich stärker als bisher üblich finanziell an den Geschehnissen der Weltwirtschaft zu beteiligen. Die erste Lektion in dieser Hinsicht war die jüngste Weltwirtschaftskrise. Plötzlich waren viele der darin verstrickten Banken, die sich selbst in eine Sackgasse manövriert hatten, nach Ansicht unserer Politiker systemrelevant. Im Ergebnis wurden zur Rettung dieser Banken Milliarden von Steuertalern in dieselben gepumpt. Der Lernerfolg dieser Lektion lag für den Steuerzahler darin, zu erkennen, daß nicht alles Geld das man zur Bank bringt anschließend als Haben-Posten auf dem Kontoauszug erscheint. Der Lohn für sein finanzielles Engagement hingegen lag in der staatlichen Beteuerung, daß es ohne diese Hilfe hätte schlimmer kommen können.

In der zweiten Lektion, die logisch auf Lektion eins aufbaut, stellt sich die Lernkurve noch etwas steiler auf. Hier wird der Steuergroschen sozusagen über Bande gespielt. Griechenland ist pleite. Viele der systemrelevanten Banken sind aber Gläubiger Griechenlands und es droht ihnen der Totalverlust. Da das nicht sein darf (siehe Lektion 1), werden die Steuergelder jetzt in den griechischen Staat gepumpt. Die Griechen wiederum leiten diese Gelder – einem Durchlauferhitzer gleich – wieder an die Gläubigerbanken zur Begleichung ihrer Schulden zurück. Zwar hätte die Bundesregierung die Gelder auch gleich über die Straße zu den Gläubigerbanken tragen können, aber durch diese Zwischenbuchung bewahren die Griechen ihr Gesicht, so heißt es. Und später auch die Iren und die Portugiesen und die Spanier und so weiter.

Die zweite Lektion ist noch gar nicht ganz abgeschlossen, da drängelt sich schon ungeduldig die Volkswagen AG, genauer Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) klassenprimusgleich in den Vordergrund. Nach einem aktuellen Beitrag des NDR ist es so, daß die Volkswagen Nutzfahrzeuge, Hannover, der Stadt Hannover für einen Modellversuch zwei Elektro-Caddys für zwei Jahre zur Verfügung stellen, und dafür von der Stadt Hannover eine Vergütung in Höhe von 200.000 EUR erhalten werden. Oder anders ausgedrückt: Die Stadt Hannover, die ursprünglich einmal 30 Elektrofahrzeuge in einem Feldversuch für städtische Aufgaben einsetzen wollte, testet für VWN zwei Fahrzeuge für zwei Jahre, schreibt regelmäßige Testprotokolle, verzichtet immer wieder aufgrund von technischen Inspektionen durch VWN auf die Fahrzeuge, und zahlt dafür pro Jahr und Fahrzeug 50.000 EUR an VWN. Der Name Volkswagen bekommt damit eine ganz andere Bedeutung. Volkswagen läßt sich demnach sogar einen Teil der Entwicklung marktfähiger Produkte durch das Volk, also den Steuerzahler, vergüten. Da hat jemand schon ganz viel gelernt.

Dieses kleine Beispiel zeigt wieder einmal deutlich, wie es der Industrie, die mit ihrem Verhalten und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit augenscheinlich kein Problem hat, immer wieder gelingt Kommunalpolitiker über den Tisch zu ziehen. Vermutlich reden sie ihnen ein sie würden in die Zukunft investieren und die Region damit ganz nach vorne bringen.

Richtig spannend wird das Thema Umkehrung von Zahlungsströmen wenn die Umsetzung der neuen Energiewende Platz greift. Bei tausenden von Einzelprojekten spielen Bürger, Kommunen, Industrie, Interessenverbände, etc. eng zusammen und bieten damit hinreichend Raum für die verzerrte Wahrnehmung von Kostenverursacher und Kostenträger, Nutzenstifter und Nutznießer. Es würde zum Beispiel nicht verwundern, wenn die neuen Stromtrassen zwar mit öffentlichen Geldern errichtet würden, aber die vier Energieriesen hierfür die Durchleitungsgebühren kassierten. Die Stadt Hannover, so hieß es übrigens in dem NDR Bericht weiter, will versuchen die 200.000 EUR über Bundesfördermittel wieder hereinzuholen. Zweifel an dem Gelingen dieses Vorhabens sind nicht angebracht.
rh2011-06-003

Klein Schwarz Stark

Klein Schwarz StarkZwar gehören wir zu den Mülltrennern der ersten Stunde, zumindest Papier und Glas betreffend, aber über die Stromverbräuche unserer Elektrogeräte hatten wir uns nie wirklich Gedanken gemacht. Das Thema Energiesparlampen haben wir zum Beispiel für uns so beantwortet, daß wir nur zweitrangige Positionslaternen, insbesondere im Außenbereich, mit diesen Sparleuchtmitteln ausgestattet haben. Für die wichtigen Leuchten im Innenbereich verfügen wir aber über eine kleine Glühbirnenreserve, die hoffentlich solange reicht, bis die Industrie wirklich brauchbare und – vor allem im entscheidenden Entsorgungsschritt – ungiftige Lampen anbieten kann. Da häufiges Ein- und Ausschalten für diese Energiesparlampen meist auch unverträglich ist, läßt man sie dann lieber gleich brennen.

Letztens kam die öffentliche Diskussion um die viel gescholtenen Wäschetrockner wieder auf. Für die Unkundigen: Wäschetrockner sind den Waschmaschinen nicht unähnlich, und halten sich auch meist in ihrer unmittelbaren Nähe auf; man darf sie auf keinen Fall mit Waschpulver befüllen, hierdurch würde man ein unbefriedigendes Trockenergebnis erzielen. In der Diskussion verstieg man sich sogar zu der Aussage, daß diese Geräte – als die wahren Stromfresser – verboten werden müßten. Das war der Anlaß den Stromverbrauch einiger unserer Elektrogeräte einmal nachzuprüfen.

Die Kilowattstunde Stromverbrauch kostet hier zur Zeit 20,3 EuroCent und die Einzelmessungen erstreckten sich pro Gerät jeweils über einen Zeitraum von sieben Tagen, um ein einigermaßen vernünftiges Meßergebnis zu erzielen. Zunächst war natürlich der Wäschetrockner, ein ca. 20 Jahre altes Miele-Gerät, an der Reihe. Dieses Teil verbraucht demnach Strom im Wert von ungefähr 100 Euro pro Jahr. Die neuwertige Waschmaschine zieht dagegen ca. 50 Euro Strom pro Jahr aus der Steckdose und damit genausoviel wie der neue Gefrierschrank. Im Vergleich dazu: Der aktuelle Office Desktop PC und 24-Zoll Monitor wird Strom für ungefähr 80 Euro pro Jahr verheizen.

In den gesamten variablen Stromkosten in Höhe von ca. 1.100 Euro pro Jahr ragt der Wäschetrockner zwar heraus, aber in einer Höhe, die keine überzogene Wäschetrockner Hysterie auslösen sollte.

Damit war das Thema Stromverbrauch eigentlich erledigt und das Meßgerät sollte gerade in den Tiefen irgendeiner Schublade verschwinden, um bei einer Aufräumaktion nach zehn Jahren oder dem nächsten Umzug endgültig entsorgt zu werden. Da fiel der Blick auf die Siebträger-Espressomaschine, die chromglänzend, heiß, manchmal auch leise knisternd in der Vormittagssonne auf den nächsten Kaffeebezug wartete. Dieses 20 Kilo Stück Schwermetall begleitet uns nun seit knapp fünfzehn Jahren, wird morgens früh ein- und abends wieder ausgeschaltet. Wenn es nicht gerade lautstark etwas tut sorgt es unauffällig durch periodisches Aufheizen des Boilers für stets heißes Wasser. Um es an dieser Stelle abzukürzen: Die Espressomaschine braucht bei einer täglichen Betriebszeit von ca. 15 Stunden Strom im Gegenwert von ungefähr 160 Euro pro Jahr. Das sind ca. 15 Prozent unseres jährlichen Gesamtverbrauchs.

Echte Freaks lassen ihre Siebträgermaschinen 24/7 laufen, weil sich innerhalb der ersten Stunde nach dem Einschalten nichts erzeugen läßt, was auch nur im entferntesten an Espresso erinnert. Dann wird man vermutlich die 200 Euro Marke Stromverbrauch ankratzen und ab dem neunten Jahr übersteigen die Stromkosten die Anschaffungskosten der Maschine. Ein Verbrauch, der sich in dieser Höhe realistisch nicht an anderer Stelle kompensieren läßt.

Und nun? Auf Espresso verzichten? Nein. Die Maschine durch einen Kaffeevollautomaten ersetzen? Niemals. Eine neue, sparsamere Siebträgermaschine anschaffen? Schau’n mer mal. Fazit? Manchmal muß man ganz genau hinsehen, um die Schattenseiten hinter dem Glanz zu entdecken.
rh2011-06-002