Jauch tritt nach

Der öffentlich rechtliche Bezahlsender ARD hat offensichtlich nicht viel Glück in der Besetzung des Sendetermins Sonntag abend um 21:45 Uhr direkt nach dem Tatort. Nach Anne Will hat ihn seit September 2011 Günther Jauch inne, der zuvor schon 2007 ein diesbezügliches ARD Angebot abgelehnt hatte.

Wäre es nur dabei geblieben. Herr Jauch ist nun mal kein Polittalker und auch kein investigativer Journalist mit herausragenden Rhetorikfähigkeiten. Er hat eine Spezialdisziplin. Das sind Einzelgespräche mit Menschen, die von absonderlichen Schicksalen gezeichnet sind oder wahlweise Interviews mit deren Haustieren. Diese Fähigkeit konnte er auf RTL ausleben und hat damit auch niemanden gestört.

Stattdessen langweilt er die Nation sonntags abends. Wenn er hin und wieder Politiker oder Wirtschaftsgrößen zu Gast hat, hält er sich voller Anspannung an seinen bunten Fragekärtchen fest, so als säße er ganz aufgeregt in der ersten Unterrichtsstunde eines Origamikurses. In den langen Phasen des Zuhörens legt er dann seine Stirn nahe der Nasenwurzel in senkrechte Falten. Dies signalisiert dem Betrachter zwar messerscharfe Aufmerksamkeit, ist aber meist nur Ausdruck seiner Hilflosigkeit, wie fehlgeleitete Anschlußfragen häufig belegen.

Vergangene Woche hatte Herr Jauch anläßlich der Landtagswahl in Schleswig-Holstein unter anderem Renate Künast von den Grünen und Johannes Ponader von den Piraten zu Gast. Herr Ponader erhielt während der Sendung regelmäßig Twitter-Nachrichten auf seinem Smartphone. Die ganze Gesprächsführung dümpelte dahin und nicht einmal die bunten Kärtchen schienen Herrn Jauch Hilfestellung bieten zu können. Etwa zur Halbzeit explodierte dann Frau Künast unter dem Beifall der anderen Gäste. Sie fragte nach dem Sinn des inhaltleeren Geplauders über Piraten und bat um Zuwendung zu ernsthaften Sachthemen. Herr Jauch war sichtlich getroffen, fing sich aber relativ schnell.

Gegen Ende der gestrigen Sendung, Anlaß war hier die Landtagswahl in NRW, erwähnte Herr Jauch, ohne besonderen thematischen Bezug, den Vorfall mit Frau Künast in der Vorwoche. Jetzt wurde es aber so dargestellt, als hätte sich Frau Künast über das fortwährende twittern des Piraten aufgeregt, verbunden mit dem Hinweis, sie, Künast, könne auch über elektronische Medien kommunizieren. Um es an dieser Stelle abzukürzen: Die Redaktion hat herausgefunden, daß Frau Künast, entgegen ihrer Aussage, mit den neuen Medien noch nicht perfekt umgehen kann. Daraufhin rügte Herr Trittin seine Parteikollegin.

Herr Jauch wirkte gestern wie einer dieser Lehrer, der sich am Schüler durch schlechte Notenvergabe rächen will, weil dieser zuvor öffentlich Kritik am Unterricht geübt hat. Ist das der Journalismus, den man in ARD oder ZDF zukünftig erwarten darf?
rh2012-05-001

Gauck sagt Ukraine ab

Gaucks Kritiker mußten nicht lange auf eine Bestätigung ihrer Befürchtungen warten. Bei seinem ersten Auslandsbesuch als Bundespräsident durfte Herr Gauck in Polen erneut sein Demokratie-Freiheit-Feuerwerk abbrennen, was ihm – den übermittelten Bildern zufolge – sichtlich Vergnügen bereitete und dort wohl auch auf fruchtbaren Boden fiel. Später in Brüssel dann machte er sich – bar jeglicher Ökonomischer Vorbildung – stark für den Euro und Europa. Herrn Barroso gefiel das wohl ebenso.

Nun hat Herr Gauck, nach eigenem Bekunden ein Menschenrechtler der ersten Stunde, die Ukraine für sich entdeckt. Er hat dort Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegenüber der Oppositionsführerin Timoschenko, deren Rolle im übrigen völlig unklar ist, festgestellt. Das hätte er auch schon vor einer Woche, einem Monat oder einem Jahr tun können, aber er tat es aus unbekannten Gründen erst jetzt, wenige Wochen vor der Fußball-EM. Seine Konsequenz: Er sagte aus Protest seine Teilnahme an einem politischen Treffen europäischer Präsidenten, die Mitte Mai in Jalta stattfinden soll, ab.

Es war bei deutschen Politikern und Menschenrechtlern bisher nicht unüblich ein Regime bereits vor Reiseantritt öffentlich zu kritisieren und nach Ankunft im betreffenden Gastland diese Kritik gegenüber der Regierung zu wiederholen. Der Bundespräsident spart sich den zweiten Schritt und sendet damit diese Botschaft aus:

  • Gauck wählt den bequemen Weg und vergibt Chancen. Er scheut offensichtlich die direkte Auseinandersetzung mit dem Präsidenten Janukowitsch und sucht auch nicht – medienwirksam – das persönliche Gespräch mit Frau Timoschenko.
  • Gaucks Ukraine-Boykott war wohl nicht mit seinen Amtskollegen abgesprochen. Er hat sich mit seiner Absage auf eine höhere moralische Stufe begeben, auf der er jetzt über all denen steht, die der Einladung der ukrainischen Regierung Mitte Mai folgen werden. Seinen europäischen Kollegen wird wahrscheinlich weder sein Alleingang noch der durch ihn erzeugte Zwang gefallen.
  • Die deutschen Fußballspieler werden in ein Thema hineingezogen, das nicht zwangsläufig ihr Thema ist. Sie wollen vermutlich unbelastet in die Europameisterschaft einsteigen, spielen und gewinnen. Aber sie wollen sicher nicht als diejenigen dastehen, die aus moralischen Gründen besser nicht angetreten wären.
  • Gauck legt sich auf Frau Timoschenko und ihr Schicksal fest. Sollte die internationale Kritik an der Ukraine jedoch berechtigt sein, so müßte es hunderte oder gar tausende Timoschenkos geben. Wer setzt sich für sie ein?

Ein deutscher Bundespräsident sollte versöhnen statt spalten. Dies kann nur durch Gespräche geschehen, denen Gauck sich aber geradezu entzieht. Auf keinen Fall darf sich die Bundesregierung als Blaupause für eine lupenreine Demokratie in Europa verstehen, die sie letztendlich ohnehin nicht mehr ist. Es reicht schon, wenn die Bundesregierung glaubt innerhalb der EU und des Euro-Raums den Ton angeben zu müssen. Vielleicht ist Gauck nur ein Präsident für schönes Wetter und ebensolche Reden. Ein direktes Konfliktgespräch mit der ukrainischen Regierung scheut er, und ihm fehlt die strategische Klugheit sich zuvor mit seinen Amtskollegen zu verbünden um die Wirkung zu vervielfachen. Die kommenden Tage und Wochen bis zur Fußball-EM bleiben spannend.
rh2012-04-003

Die Verantwortung der Piraten

Ein deutscher Hersteller von Heimtextilien bewarb seine Fensterdekorationen mit dem Zusatz: Die mit der Goldkante. Damit wollte er sich vom Wettbewerb absetzen und unterscheidbar machen. Die Piratenpartei hat derzeit auch so einen ergänzenden Zusatz, der ihr allerdings von der politischen Konkurrenz verliehen wurde und sie ins Abseits stellen soll: Die Piratenpartei, die das geistige Eigentum abschaffen will. Varianten davon zielen auf das Urheberrecht, treffen aber immer den gleichen Kern. Die Piraten werden sich noch lange mit dieser Deplazierung beschäftigen müssen. Sie ist einfach, griffig aber eben auch falsch. Erst heute, Mitte April 2012, hat die Piratenpartei mit vielen hundert Textzeilen versucht ihre Position zur Urheberrechtsdebatte ausführlich zu erläutern. Man muß schon eine gewisse Nähe zum Thema haben um dem Wunsch nachzugeben das alles lesen zu wollen. Die politischen Gegner werden dies sicher nicht tun.

Überhaupt zeigt die Piratenpartei – untypisch für Freibeuter – ständig die größtmögliche Angriffsfläche. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) werden sie dem kommunistischen Lager zugeordnet. Der ticketlose Nahverkehr, der von den Parteigegnern gerne als kostenloser Nahverkehr verunglimpft wird, rückt sie in den Bereich der Spinner, die sämtliche Finanzetats ruinieren wollen. In TV-Politshows treten sie mit Partei- oder Fraktionschefs auf, denen man Führungskompetenz absprechen möchte, die ihre Ziele nicht allgemeinverständlich darstellen können oder die irgendwie verhaltensauffällig sind. Außerdem beziehen die Piraten Stellung zu gesellschaftlichen Randthemen, die sie in Zeiten des Wahlkampfs keinen Schritt nach vorne bringt. Dagegen lassen sie politisch berechtigte Anfeindungen, zum Beispiel die vermeintliche oder auch tatsächliche Akzeptanz rechter Gesinnung, hilflos erscheinen.

Trotz des Chaos und der Unfertigkeit der Piratenpartei werden sie in wenigen Wochen insgesamt in vier Länderparlamenten vertreten sein. Dabei ist die Partei selbst ein Widerspruch in sich, der sich noch rächen könnte. Sie betrat als Spartenpartei (irgendwas mit Internet und so) die politische Bühne und will die Parteiendemokratie zugunsten einer echten Basisdemokratie überwinden. Um dieses Ziel erreichen zu können, muß sie sich jedoch genau des Vehikels Partei bedienen und wird zudem noch in die Rolle eines politischen Full-Liners gedrängt. Eine Rolle, die selbst die Grünen bis heute immer noch nicht erfüllen. Die piratische Basis lehnt allerdings Berufspolitiker ab und fordert zudem an jeder Entscheidung beteiligt zu werden. Außerdem muß alles jederzeit im Internet veröffentlicht werden. Es bleibt abzuwarten, wie die Piraten dieses Dilemma auflösen oder wann sie darunter kollabieren werden; fortwährender Streit ist jedenfalls vorprogrammiert. Dennoch ist der Zulauf an Mitgliedern, Wählern und Sympathisanten ungebrochen. Die Piratenpartei bietet ihnen allen einen praktisch barrierefreien Zugang zur Demokratie und Mitbestimmung. Vor dem Hintergrund eines spürbaren Demokratieverlusts, verursacht durch die etablierten Parteien in den vergangenen Jahren, entfaltet das nun eine starke Sogwirkung.

Die Parteien reagieren unterschiedlich auf die Piratenpartei. Gemeinsam überziehen sie die Piraten mit Spott und Häme und höchstens einzelne Politiker wirken nachdenklich aufgrund des Erfolgs, den die Piraten für sich verbuchen können. Herr Christian Lindner (33), FDP, nimmt nach eigenen Aussagen die Wähler der Piratenpartei ernst, nicht aber die Piraten selbst. Diese feinsinnige Differenzierung erschließt sich dem Zuhörer nicht sofort. Überhaupt kommt dieser Mitdreißiger politisch ideologisch betrachtet aus dem frühen Präteritum der FDP, also der Zeit weit vor Scheel, Genscher und Co. So hält er die Piraten für die Linkspartei mit Internetanschluß. Damit zeigt er, daß er es als Berufspolitiker nicht für nötig hält sich mit dem politischen Umfeld, in dem er sich täglich bewegt, zu beschäftigen. Ein Blick in die aktuellen Wahlprogramme der Piraten für SH und NW hätte ihn zu einem anderen Ergebnis geführt.

Piratenschiff
Freibeuter im Club-Mate Rausch
Ein anderer, wortgewaltiger Provinzpolitiker, der wie Herr Lindner derzeit im Wahlkampf steht, ist der FDP-Spitzenkandidat in SH, Wolfgang Kubicki. In der FDP ist er eher Provokateur denn Gestalter. In einem Report München-Interview sagte er:

»Na ja, ich frage mich schon, wie Menschen dazu kommen, eine Partei zu wählen mit einem Namen, die wir andererseits am Horn von Afrika mit Waffengewalt bekämpfen. Man kann das spaßig finden, ich finde das nicht spaßig. Die nächste Gruppierung die sich neu bildet, heißt dann Terroristen – vielleicht.«

In solchen Aussagen tritt die völlige Hilflosigkeit der FDP zutage. Sie kämpft ums Überleben, in den Ländern und im kommenden Jahr auch auf Bundesebene. Die Piraten hingegen versprechen themenbezogenen Mehrheitsmeinungen Rechnung zu tragen. Das darf als ein Novum in der deutschen Politik betrachtet werden dem die etablierten Parteien gegenwärtig nichts entgegenzusetzen haben.

Noch einen Schritt weiter geht der SH Landeschef der SPD, Ralf Stegner. Er rät gleich von der Wahl kleinerer Parteien ab, da dies nur in eine große Koalition in SH münden würde. Das wirkt, als hätte der Wähler nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera. Positive Demokratiegestaltung sieht anders aus. Dennoch: Entspannter als die CDU sieht auf Bundesebene gegenwärtig niemand dem Treiben der Freibeuter zu. Tatsächlich sichert der Erfolg der Piraten das Fortbestehen der CDU und die Kanzlerschaft in einer großen Koalition mit einem deutlich kleineren Partner SPD über 2013 hinaus.

Ob die Piratenpartei eine Protestpartei ist und ihre Wähler Protestwähler sind ist vollkommen unerheblich. Wer kennt ihre wahren Motive? Ob die Piratenpartei regierungs- und koalitionsfähig ist wird sich jeweils nach den Wahlen zeigen. Sie wird sich einer gebotenen Pflicht jedenfalls nicht entziehen können. Fest steht hingegen: Sie tragen jetzt Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern, Wählern und Sympathisanten. Die kommenden Wochen und Monate bleiben spannend.
rh2012-04-002

Wo ist Herr Sieber?

Ungefähr 150 Tage lang erhielt die Welt vom 20. April 2010 bis in den September hinein täglich mehrmals Wasserstandsmeldungen aus dem Golf von Mexiko. Damals war die Ölbohrplattform Deepwater Horizon, die in der Verantwortung des britischen Mineralölkonzerns BP betrieben wurde, in Brand geraten und löste damit eine der schwersten Umweltkatastrophen dieser Art aus. Über allen Medien erhielt die Öffentlichkeit damals permanent Zustandsberichte bezüglich Öl-Austrittsmengen, Ausdehnung von Ölteppichen, Anzahl verendeter Wasservögel, Zahlen arbeitsloser Fischer und dergleichen mehr. Eine vergleichbare Katastrophe, bei der ähnliche Ölmengen austraten, gab es dreißig Jahre zuvor: Blowout der Ixtoc I-Bohrung 1979/80. Die Medien konnten über ihre Berichterstattung und natürlich auch über die eindrucksvollen Film- und Bildbeiträge Druck erzeugen auf die Verantwortlichen der Katastrophe, die US-Regierung, aber auch auf die Öffentlichkeit. Dort wandelte sich der Druck sehr schnell in echte Sorge um die massiv geschädigte Umwelt.

Seit wenigen Tagen, genauer seit dem 25. März 2012, hat es die nordeuropäische Bevölkerung mit einer vergleichbaren Umweltkatastrophe zu tun. Aus dem Bohrloch der havarierten Bohrinsel Elgin, die von dem französischen Mineralölkonzern Total betrieben wird, strömt seit diesem Tag giftiges und explosives Gas aus. Schiffe und Flugzeuge dürfen sich der Bohrinsel seit diesem Tag nicht mehr nähern. Das Förderfeld, zu dem die Bohrinsel gehört, liegt in der Nordsee, ungefähr 250 Kilometer östlich der schottischen Küste. Wie und wann das Gasleck geschlossen werden kann, ist den Experten bislang noch unklar. Als ein wesentlicher Teilerfolg wurde schon das bloße Erlöschen der Gasfackel, die im Normalbetrieb überschüssiges Gas wirkungsvoll vernichten soll, gewertet.

Beim direkten Vergleich beider Havarien fallen die Unterschiede besonders auf. Deepwater Horizon zog das Medieninteresse auf sich, da hier aufgrund des austretenden Öls eindrucksvolle Bilder der Umweltverschmutzung aus verschiedensten Perspektiven gezeigt werden konnten. Das austretende Gas der Elgin hingegen ist praktisch unsichtbar. Die Medien können derzeit weder über verendete Fische oder Vögel, noch über sprudelnde Quellen gebundener Energie berichten. Die Total-Plattform ist in dieser Hinsicht medial nicht attraktiv.

Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten beider Havarien. Die angewandte HP/HT-Technologie (high pressure/high temperature) stößt in Tiefen von mehr als 4 Kilometer vor und fördert den meist über 200 Grad Celsius heißen Energieträger an die Oberfläche. Auf einer nach oben offenen Risikoskala rangieren diese anspruchsvollen Bohrungen sicher nicht auf den unteren Rängen. Das damit verbundene Risiko ist gemeinhin bekannt. Es gibt aber noch eine weitere Gemeinsamkeit. In beiden Fällen gab es wenige Wochen vor der Katastrophe technische Störungen und Anomalien. Diese wurden zwar gemeldet, aber sie wurden von den Verantwortlichen der Betreibergesellschaften verharmlost und heruntergespielt. Beide Katastrophen hätten durch rechtzeitiges Handeln vielleicht vermieden werden können. Jedenfalls hat der Betreiber Total in diesem Sinne aus der ersten BP-Havarie scheinbar nichts gelernt. Nun ist der Total Konzern nicht unbedingt als bad guy der Szene bekannt. Damit bleibt zu hoffen, daß sich hier nicht die Fehler des Vertuschens und Verschleierns wiederholen. Vertrauen ist jetzt nur noch mit Transparenz und Öffentlichkeit zu gewinnen.

Die Total-Katastrophe hat aber noch eine weitere Frage aufgeworfen: »Wo ist eigentlich Herr Sieber?« Herr Dieter Sieber ist ein real existierender Ingenieur bei Exxon Mobil (Esso) in Deutschland und seines Zeichens Frackingexperte. Als Presenter (Testimonial) erläuterte er in einer Printkampagne und in TV-Spots die Notwendigkeit aber auch die Sicherheit des sehr umstrittenen Frackings. Im TV-Spot tat er das zum Beispiel mit diesen Worten:

Bohrinseln
Ölfeld

»Wir haben hier in Deutschland das Potential großer Erdgasvorkommen. Wenn man mich fragt, ob es sicher ist diese Erdgasvorkommen zu entwickeln kann ich nur antworten: ja, absolut. Ich bin genauso an sicherem Trinkwasser interessiert, wie jeder andere Bürger auch. Um den Schutz des Grundwassers sicher zu stellen bringen wir bei einer neuen Bohrung zahlreiche Barrieren aus Stahl und Zement ein. Mein Name ist Dieter Sieber, und ich bin ein Ingenieur bei Exxon Mobil in Deutschland.«

Nun mag es Zufall sein, daß das Ende der sehr kurzen Exxon Mobil Werbekampagne zeitlich genau mit der Havarie der Elgin zusammenfällt. Jedenfalls wurde Herr Sieber ab diesem Zeitpunkt in Verbindung mit der Kampagne nicht mehr gesehen. Es darf vermutet werden, daß Exxon Mobil befürchten muß hier unglaubwürdig zu werden. Mit der Elgin wurde erneut der Beweis geliefert, daß keine Exploration – zumal technisch aufwendige – gefahrlos für Mensch und Umwelt möglich ist. Nicht einmal der Bergbau, mit jahrhundertealter Erfahrung, kann gefahrlos betrieben werden. Die unendlich lange Wikipedia-Liste von Unglücksfällen im Bergbau zeugt davon und endet heute vorläufig mit dem Eintrag: 4. April 2012, Kalisalz, Deutschland, Wunstorf, Gasaustritt, 1 Toter, 24 Verletzte. Es wird wohl nicht dabei bleiben. Selbst geothermische Bohrungen verlaufen häufig nicht ohne Schäden, sei es durch anschließende Erdstöße oder weil sich Anhydrit ungeplant in Gips umwandelt und so hunderte von Häusern beschädigt (Staufen im Breisgau, 2008).

Bei diesen Formen der Energieförderung darf es als absolut fahrlässig bezeichnet werden den Eindruck zu erzeugen, man könne Öl, Gas oder Wärme völlig gefahrlos für die Menschen und die Umwelt gewinnen. Der große technische Aufwand und das permanente Risiko bei der Förderung ist heute zum festen Bestandteil des hohen Preises für Energie geworden. Mit der Werbeaktion hat Exxon Mobil wohl weder sich noch seinem Mitarbeiter Herrn Sieber einen guten Dienst erwiesen.
rh2012-04-001