Kartell

KartellDie jahrzehntelangen Bemühungen des Bundeskartellamts, den führenden Tankstellengesellschaften in Deutschland Preisabsprachen oder anderes wettbewerbsschädliches Verhalten nachzuweisen, mündeten in einer intensiven Feldanalyse deren Ergebnisse vergangenen Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wurden. Dabei hat das Bundeskartellamt im Zeitraum von Januar 2007 bis Mitte 2010 eine Preisanalyse an 400 Tankstellen in vier deutschen Großstädten durchführen lassen. Wirklich spektakuläre Ergebnisse ließen sich aus den Beobachtungen zwar nicht ableiten. Dennoch liegen nach Ansicht des Bundeskartellamts die Tankstellenpreise für Kraftstoffe mehrheitlich höher, als es bei funktionierendem Wettbewerb der Falle wäre.

So ist das Bundeskartellamt zu dem Ergebnis gekommen, daß der deutsche Tankstellenmarkt in seiner Form einem Oligopol entspricht und sich dadurch ein wirklich freier Wettbewerb nicht entfalten kann. Nach herrschender Lehrmeinung war der Tankstellenmarkt in Deutschland schon immer ein Musterbeispiel für oligopolistische Marktstrukturen, aber es kann durchaus als hilfreich angesehen werden, wenn das Bundeskartellamt dies nun nochmals amtlich bestätigt. Es darf aber auch angemerkt werden, daß das Bundeskartellamt durch die Genehmigung der Doppelfusion von Shell/Dea und BP/Aral im Jahr 2002 zur Festigung dieses Oligopols maßgeblich beigetragen hatte.

In den Medien wurde bereits mehrfach erörtert, daß der Tankstellenmarkt in sogenannten Teilmärkten funktioniert, bei dem sich die Anbieter permanent in ihrer Preisgestaltung beobachten und reagieren. Der Tankstellenpächter handelt im Rahmen des Spritverkaufs als Handelsvertreter. Er erhält von der Mineralölgesellschaft eine Provision pro verkauftem Liter Kraftstoff unabhängig von der Höhe seines Kraftstoffpreises, den er selbst nicht festlegen darf. Wenn die Nachbartankstelle den Preis unter den seinen senkt, würde er nichts mehr verkaufen. Also meldet er den niedrigeren Wettbewerbspreis an seine Zentrale in der Hoffnung, daß die ebenfalls mit einer Preissenkung antwortet. Diese Art der legitimen Wettbewerbsbeobachtung gibt es schon seit Jahrzehnten. Sie wurde in den letzten Jahren nur weiter perfektioniert. Dadurch bleibt der Kraftstoffmarkt in einem ständigen Gleichgewicht.

Für Kraftstoffe existieren keine wirklichen Substitutionsgüter. Daher ist die Preiselastizität der Nachfrage bei Kraftstoffen relativ gering. Das heißt, dem Autofahrer bleibt nichts anderes übrig als Preissteigerungen mitzumachen. Er ist in gewisser Weise erpreßbar. Das nutzt auch der Staat aus. Steuern und Abgaben machen derzeit ca. 2/3 des deutschen Kraftstoffpreises aus. Im europäischen Vergleich liegen wir damit in der Spitzengruppe. Der eigentliche Preistreiber ist also zunächst einmal der Staat selbst. Obwohl sich der Verbraucher in seiner Nachfrage nach Benzin oder Diesel praktisch unelastisch verhält, so zeigt er sich doch hochreaktiv, wenn die Tankstellen in seinem Teilmarkt unterschiedliche Preise ausweisen. Er wird dann in aller Regel die günstigste Pumpe aufsuchen. Markentreue ist ein häufig überschätztes Kundenverhalten. Der Benzinpreis ist und bleibt der Brot- und Butterpreis der autofahrenden Nation.

Preisentwicklung Dieselkraftstoff an Straßentankstellen (EUR % l)

Die Grafik stützt sich auf Daten, die allesamt aus dem Internet frei abrufbar sind und deren Genauigkeit hier nicht angezweifelt werden soll (Statistisches Bundesamt, MWV e.V., etc.). Sie zeigt den Verlauf des durchschnittlichen Tankstellen Dieselpreises in Euro pro hundert Liter für den Zeitraum Januar 2007 bis April 2011.

  • Die obere, gelbe Kurve (Diesel % l) gibt den monatlichen, durchschnittlichen Dieselpreis des Zeitraums wider, so, wie der Verbraucher ihn an der Tankstelle sehen konnte.
  • Die blaue Netto-Kurve stellt den Tankstellen Dieselpreis (gelb) ohne alle Steuern dar.
  • Die grüne Produkt-Kurve ist der Produktpreis des Diesels (Wareneinstand) ab Rotterdam.
  • Hier vereinfacht als Deckungsbeitrag bezeichnet (DB, rot), und rechnerisch die Differenz aus netto Dieselpreis (blau) abzüglich Wareneinsatz ab Rotterdam (grün), muß zusätzlich alle Kosten für Transport, Lagerhaltung, Verwaltung, Vertrieb, Provision, Beiträge zur gesetzlichen Bevorratung, Kosten für die Beimischung von Biokomponenten, etc. tragen.
  • Als Orientierungshilfe ist auch noch der US-Dollarkurs als Mittelkurs (zwischen Geld- und Briefkurs) in Euro pro einhundert US-Dollar dargestellt.

Zwei Dinge sind hier auffällig. Zum Zeitpunkt des höchsten Dieselpreises Mitte 2008 hatte der US-Dollar mit ca. 63 EuroCent einen Tiefstand, und beim niedrigsten Dieselpreis Anfang 2009 einen seiner Höchststände mit ca. 80 EuroCent. Von allen Schwankungen unbeeindruckt zeigt sich der Deckungsbeitrag (rot) und sieht jedenfalls nicht nach Geld einsacken aus. Auch signifikante Anstiege in den Bereichen zur jeweiligen Jahresmitte (Urlaubszeit) sind dort nicht auszumachen. Man muß wohl genauer hinsehen um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Und hier bietet die Sektoruntersuchung Kraftstoffe des Bundeskartellamts sehr gute Einblicke.

Ein Margenplus von einem EuroCent pro Liter Kraftstoff würde man als Verbraucher in diesem komplexen System optisch auch nicht wahrnehmen. Aber auch ein EuroCent pro Liter hat große Multiplikatoren (Liter pro Tag/Tage pro Jahr/Tankstellen pro Gesellschaft), sodaß sich am Jahresende schnell ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag ergibt. Nichts was eine Tankstellengesellschaft wirklich reich machen würde, aber zusätzliche Mittel, die für Rabattsysteme, Bonusprogramme und Incentives zur Verfügung stehen. Shell zum Beispiel bietet allen ADAC-Mitgliedern je nach Jahreszeit bis zu zwei EuroCent/Liter Rabatt an.

Preisentwicklung Rohöl (EUR / Barrel Brent)

Diese Darstellung zeigt nochmals den Tankstellenpreis für Diesel und den Kurs des US-Dollars in Euro. Zusätzlich aufgenommen ist der Preis für ein Barrel (ca. 159 Liter) Rohöl der Sorte Brent in Euro. Dies würde bestätigen, was die Mineralölgesellschaften seit Jahren erklären: Der Kraftstoffpreis folgt dem jeweils aktuellen Rohölpreis. Die Frage, ob sich die Ölbarone innerhalb des engen Margentunnels einen Cent mehr oder weniger in die Tasche stecken, sollte eigentlich zur Marginalie vor dem Hintergrund ständig steigender Energiepreise werden. Dies betrifft (neben Heizöl) auch die Energieformen wie Gas und Strom, die ebenfalls in vergleichbaren oligopolen Strukturen gehandelt werden.
rh2011-05-007

Auskunft bei vollständiger Unkenntnis

Auskunft bei vollständiger UnkenntnisAufgrund der fehlenden Fachgeschäftdichte nutzen wir seit unserem Wohnortwechsel vom Ruhrgebiet ins nördliche Emsland bzw. südliche Ostfriesland, was aber das gleiche ist, verstärkt die Möglichkeit Waren über das Internet zu bestellen. Ein Händler bot Lieferung gegen Rechnung an, was bei einem Erstkundenkontakt zumindest ungewöhnlich ist. Nun gut, Ware bestellt, Bestätigungsmail erhalten und dann, zwei Stunden später, erneut ein E-Mail mit dem Hinweis, daß die Bestellung leider nicht angenommen werden könne. Die Bezahlung der bestellten Ware müsse per Vorkasse oder Kreditkarte erfolgen.

Da unsere Bonität von hoher Qualität ist, war der naheliegendste Gedanke: Schufa. Zwar hatten wir noch nie etwas mit dieser Organisation, die insbesondere von Verbraucherschutzverbänden und Datenschützern häufig kritisiert wird, zu tun, und wußten auch nicht, ob und welche Daten dort über uns gespeichert sind. Aber warum sollte ein Händler unsere Bestellung ablehnen, wenn er nicht eine problematische Auskunft erhalten hätte? Wie, so lautet die Frage, erfährt die Schufa von einem Wohnortwechsel um die Datenbestände wieder zusammenzuführen?

Der Händler bestätigte zwar auf telefonische Nachfrage die Anfrage bei der Schufa, wollte aber am Telefon nichts zum Inhalt der Auskunft sagen. Neukunden würden, so hieß es weiter, im Gegensatz zu den Bestellangaben auf der Website, grundsätzlich immer über Vorkasse oder Kreditkarte abgewickelt. Dies geschehe auch unabhängig von der Bonität des Bestellers. Damit blieb also nur noch die Möglichkeit der Selbstauskunft bei der Schufa. Auf deren Website erhält man das Bestellformular Datenübersicht nach § 34 BDSG. Auf diesem Formular muß auch die frühere Adresse angegeben werden, sofern sie sich in den letzten zwölf Monaten geändert hat. Also erhält die Schufa offensichtlich aus irgendeiner Quelle in größeren, regelmäßigen Abständen Daten zum Abgleich ihrer Datenbestände. Auch in unserem Anschreiben, das das Bestellformular begleitete, wiesen wir zusätzlich und explizit auf die Adreßänderung hin.

Drei Wochen später kam die Schufa-Auskunft. Die Anschrift stimmte. Aber beim ersten durchblättern der Unterlagen fiel auf: Keine Historie außer der besagten Händleranfrage. Keine Bank, keine Kreditkarten, keine Mobilfunk-/UMTS-Verträge. Dann die nächste Überraschung: Trotz fehlender Datenhistorie war der Schufa offensichtlich klar, daß ich ein deutlich überdurchschnittliches Risiko darstelle und die Score-Werte waren ebenso im Keller, wie sich auf den folgenden Seiten herausstellte.

Eines wurde jetzt deutlich. Die Schufa hatte offensichtlich die Adreßänderung übersehen, hatte zudem datentechnisch keine Ahnung wer ich war und gab dennoch ein vernichtendes Urteil ab.

Da Schufa-Mitarbeiter offensichtlich leseunwillig sind, nutzte ich die kostenpflichtige Hotline für meine Beschwerde. Die Freundlichkeit dort rangierte zwischen 70er Jahre Finanzamt und Kohlenhändler. Nachdem die erste Dame endlich begriff, daß ich keine gebührenpflichtige Zweitauskunft wollte, wurde ich mit dem nächsten Supportlevel verbunden. Als wir dann die das kann überhaupt nicht sein Phase überwunden hatten, räumte diese Mitarbeiterin jedoch ein, daß die Adreßänderung bei der Datenerfassung übersehen wurde. Man würde mir eine neue Auskunft zukommen lassen. Mein Vorwurf, anfragende Schufa-Vertragspartner hätten bis zu dieser Klärung die gleichen negativen Auskünfte über mich erhalten können, wurde energisch bestritten. Auch in dem Antwortschreiben zu meinem Beschwerdebrief an den Vorstand der Schufa Holding AG wurde auf diesen Punkt nicht eingegangen.

Aus dieser ganzen höchst unerfreulichen Schufa Geschichte, vom Erstkontakt bis letztendlich zum Entschuldigungsschreiben bleibt folgendes festzuhalten:

  • Obwohl die Schufa mich nach dem Umzug defacto nicht kannte war es ihr dennoch möglich eine Beurteilung über mich abzugeben. Diese Negativbewertung hätte mir im schlimmsten Fall schwer schaden können.
  • Es scheint so zu sein, daß man zeitnah zu einem Umzug eine Selbstauskunft einholen sollte, da man über diesen Weg auch die Schufa Datenbestände aktualisieren kann.
  • Da die Schufa Mitarbeiter – zumindest in meinem Fall – offensichtlich nicht auf Bankenniveau arbeiten, sollte man zusätzlich einmal jährlich eine kostenlose Datenübersicht anfordern.

rh2011-05-005

Samsung spricht auch „Finnisch“

Samsung spricht auch FinnischAuf der Suche nach zwei neuen Mobiltelefonen hatte ich meine Erfahrungen mit der Firma Samsung offenbar verdrängt. Samsung steht für mich als Hersteller von Problem-Festplatten. Vor etlichen Jahren waren zwei neue Pentium IV Rechner von Fujitsu-Siemens mit je einer ca. 80 GB großen Festplatte von Samsung ausgestattet. Diese HDs waren dermaßen laut, daß sie kurzerhand ausgetauscht und entsorgt wurden, da sie selbst zur Verwendung als externe USB-Speicher ungeeignet gewesen wären.

Im vergangenen Jahr sollte ein Linux-Server durch ein NAS ersetzt werden. In dieses NAS installierte ich eine HD von Samsung, Typ HD204UI. Wenige Tage darauf wurde publik, daß dieser Festplattentyp in einer nicht unwesentlichen Eigenschaft, nämlich dem sicheren Speichern von Daten, stark eingeschränkt ist. Tatsächlich können Situationen eintreten in denen die HD nicht zuverlässig speichert. Samsung schreibt auf einer seiner Support-Seiten: If identify commmand is issued from host during NCQ write command in the condition of PC, write condition is unstable. So It can make the loss of written data. Die Samsung-Lösung für dieses Problem hätte jetzt darin bestanden die HD aus dem NAS auszubauen um sie dann in einen PC einzusetzen. Dann sollte noch ein DOS bootfähiger USB-Stick erstellt werden mittels dem der Firmware-Patch in die HD eingebracht worden wäre. Die gepatchte Firmware trüge anschließend zu allem Überfluß auch noch die Revisionsbezeichnung der alten Firmware. Das ist Steinzeit und Bastelbude. Um es an dieser Stelle abzukürzen, auch diese neuwertige Samsung HD nahm den gleichen Weg wie ihre Vorgänger Jahre zuvor und landete ebenfalls in der Mülltonne.

Mit dieser Teilamnesie ausgestattet entschieden wir uns nun für zwei Baustellenhand(ie|y)s von Samsung, die auf den Namen GT-B2710 hören. Da mobiles Internet bei uns über Notebooks mit UMTS-Sticks läuft, benötigen wir keine Smartphones zusätzlich.

Gleich nach dem Einschalten versuchen sich die Teile über T-Mobile mit dem Internet zu verbinden. Einen Hauptschalter, der dies verhindert, sucht man in der Samsung-Firmware vergeblich. Auch die Möglichkeit das T-Mobile Profil zu löschen oder zumindest zu editieren ist genommen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten kostentreibende Internetkontakte zu unterbinden. Man erstellt ein Leerprofil und setzt dies an den fünf oder sechs relevanten Stellen ein. Dies wird allerdings nach jedem Firmware-Update überschrieben. Oder man läßt über T-Mobile die Karten für GPRS und UMTS sperren. Ein erster Eindruck entsteht, was Samsung unter kundenfreundlichem Gerätemanagement versteht.

Um an die Daten, die nicht auf der zusätzlichen Speicherkarte liegen, zu gelangen, benötigt man noch eine spezielle Samsung Software namens Kies. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, daß diese Art von Weichwerk, dessen Entwicklung oft nicht zum Kerngeschäft gehört, häufig schlampig programmiert ist und sich über geltende Standards hinwegsetzt. Google Samsung Kies gibt einen Vorgeschmack, was zu erwarten ist. Nach dem Download wollen ca. 85 MB installiert werden. Die Installation erfolgt vorsichtshalber auf einem Notebook mit Windows Vista Business 32-bit und verläuft fehlerfrei. Nach anschließender Abmeldung als Admin und Neuanmeldung als User dann die Überraschung. Kies gibt sich vollständig koreanisch. Mit bescheidenen koreanisch Kenntnissen gelingt es den Menüpunkt Werkzeuge/Einstellungen/Sprache anzusteuern und Deutschland auszuwählen. Allerdings werden immer noch einige Menüeinträge in koreanischen Schriftzeichen dargestellt, was die Lesbarkeit nicht wirklich erhöht.

Befragt man die Samsung Hotline, erhält man die Empfehlung die Software zu deinstallieren um sie nochmals zu installieren. Das ist nun allerdings Hotline Niveau der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Und weiter wird man von Samsungs Hotline belehrt, daß ca. 90 Prozent der User mit der Kies-Software keine Probleme hätten. Das ist bei Samsung also ein guter Wert.

Der nächste Schritt führt direkt in die Systemsteuerung/ Software deinstallieren/ Kies. Auf dem letzten Button der Kies Deinstallationsroutine steht zu lesen Finnisch. Na dann, Näkemiin.
rh2011-03-010

Mitsubishi GDI patzt bei E10

Mitsubishi GDI patzt bei E10Seit Jahrzehnten ist das Auto des Deutschen liebstes Kind. Ebenso bekannt ist, daß der Kraftstoffpreis der Brot- und Butterpreis des bundesdeutschen Autofahrers ist. Wollen Politiker oder Verbände Hand anlegen an dieses sensible System, dann ist der Ärger vorprogrammiert. Herr Gabriel wußte dies, als er 2009 die Einführung von E10 zunächst auf unbestimmte Zeit verschob. Oder lag es nur an den bevorstehenden Bundestagswahlen? Sein Nachfolger Herr Dr. Röttgen ist in dieser Angelegenheit jedenfalls nicht nur konzeptloser sondern offensichtlich auch völlig schmerzfrei. Die Befindlichkeit der Bevölkerung scheint ihn nicht besonders zu interessieren. Da Teile dieser Gruppe aber auch seine Wähler von morgen sind, ist es mögliches Kalkül, daß sein Klientel moderne neue Autos fährt, die von der E10 Problematik ohnehin nicht betroffen sind. Die, die da schreien und protestieren sind wohl die anderen mit den alten Autos. Da er sich bei dem sog. Benzingipfel das Heft von seinem Amtskollegen Minister Brüderle aus der Hand nehmen ließ, ist er entweder desinteressiert oder durch die Doppelbelastung Berlin – NRW überfordert. In diesem Fall sollte er eines der beiden Ämter niederlegen. Denn der Wähler hat immer einen Anspruch auf den jeweils besten verfügbaren Minister im Amt.

Tatsächlich sind auch wir von der E10 Unverträglichkeit betroffen. Ein heute erst sieben Jahre alter Mitsubishi Pajero Pinin mit GDI-Motor darf laut Hersteller nicht mit dem E10 Kraftstoff betankt werden. Das Fahrzeug hat erst 20.000 Kilometer gelaufen und ist damit so gut wie neu. Durch die veränderte Gesetzeslage erfährt dieses Auto nun eine deutliche Wertminderung. Wir sind darüber natürlich verärgert, aber unsere Verärgerung rührt nicht allein daher. Enteignungsgleiche Vorgänge durch die Politik hat es in der Vergangenheit schon immer gegeben, beispielsweise bei der Einführung der völlig wirkungsfreien Umweltplakette.

Verärgerung schafft weiterhin der orientierungslose Umgang mit EU-Vorgaben und das konzeptlose Vorgehen mit dem Thema Umweltschutz in den kommenden 20 bis 40 Jahren. Die Scheu der Politiker sowohl Automobilindustrie als auch Energiewirtschaft mit in ein noch zu entwickelndes Konzept einzubinden ist scheinbar immens. Verärgerung schaffen aber auch die Erklärungsversuche fachferner Politiker nach deren Meinung der Mißbrauch von Futter- und Lebensmitteln als Benzinersatz keinerlei Auswirkungen auf soziale und ökologische Strukturen habe. Landwirte erhalten hohe Subventionen für den Anbau von Zuckerrüben, Weizen, Mais, etc. Darüber hinaus erzielen sie nochmals höhere Erlöse, wenn sie ihre Erzeugnisse der Kraftstoffindustrie zuführen statt sie an die Ernährungsindustrie zu verkaufen. Den Verband der Biokraftstoffindustrie – der Name sollte in Agrarkraftstoffindustrie geändert werden – mag man wegen argumentativer Einseitigkeit kaum noch erwähnen. Welche Auswüchse die Mechanismen von Angebot und Nachfrage in diesem Marktsegment noch hervorbringen mögen, die Lebensmittelindustrie hat bereits jetzt hervorragende Argumente zur Verteuerung der Lebensmittel gewonnen. Diese Argumente werden aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge – auch international – nur schwer zu widerlegen sein.

Nur die Mineralölindustrie, man mag sie nicht so recht in Schutz nehmen, hat sich in der ganzen Zeit relativ still verhalten. Sie hat aufwendige Produktions-, Bevorratungs- und Verteilungsstrukturen für E10 geschaffen. Sie hat ein Produkt eingeführt, das ihr vom Gesetzgeber aufgezwungen wurde. Ein Produkt, in dem keine eigene Innovationskraft steckt und mit dem man sich auch nicht vom Wettbewerber differenzieren kann. Warum sollte ein Wirtschaftsunternehmen auch noch die Kosten für die werbliche Kommunikation übernehmen? Oder gar eine Aussage zur Fahrzeugverträglichkeit machen, wenn sich hiermit die Automobilindustrie selbst schwer tut? Der Politik gelingt es sogar den ADAC auf seine Seite zu ziehen um nun gemeinsam die Mineralölbranche zu kritisieren. Wenn die Tankstellenbetreiber dann noch erklären, E10 bedingte Strafzahlungen auf die zukünftigen Kraftstoffpreise umzulegen, wird die Empörung bei den Politikern grenzenlos. Sind sie denn wirklich so naiv? Der Verkehrsminister Dr. Ramsauer erhöht die LKW-Maut, kann sich aber gar nicht vorstellen, daß sich dadurch der Becher Joghurt im Supermarktregal verteuert. Schließlich zahlt doch der Spediteur die Maut. Liebe politisch aktive Juristen und Lehrer, am Ende zahlt es immer der Verbraucher.

Die sog. Schutzsorte für E10 wird wohl das teurere SuperPlus werden. Die Kraftstoffpreise an den Tankstellen werden weiter steigen. Die Subventionen für den Agrarbereich werden steigen. Die Lebensmittelpreise werden steigen. Viele Kraftfahrzeuge verlieren ihren Wert. Vielleicht kommt irgendwann mal ein Politiker der sagt: »Ich habe das alles nicht gewußt und auch nicht gewollt, es ist einfach so gekommen.« Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings gering.

Möglicherweise freut sich jedenfalls die Automobilindustrie. Sie muß sich jetzt weniger Sorgen um die CO2 Bilanz machen und kann noch das eine oder andere Fahrzeug zusätzlich verkaufen.
rh2011-03-006