Ein schwarzer Tag

Ein schwarzer Tag für DeutschlandDas Bundesverfassungsgericht ist eine Institution der Weisheit, Lebensklugheit und der juristischen Kompetenz auf Spitzenniveau. Eine Institution, deren Urteile unanfechtbar und un-anzweifelbar, weil gerecht sind, und von allen Antragstellern stets akzeptiert werden. Und dann das: Es ist Mittwoch, Karlsruhe und ESM. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits viele Wochen zuvor den 12. September 2012 zur Verkündung ihres Urteils festgelegt. Dabei geht es um die Anträge zur Verhinderung der Ratifikation des ESM. Dieser Termin wird von vielen mit großer Spannung erwartet. Der Verfassungsgerichtspräsident, Andreas Voßkuhle, ist ganz offensichtlich nervös. Schon bei der Verlesung der Anträge, Paragraphen und der Antragsteller fingert er sich ständig im Gesicht herum. Bei der Verlesung des Urteiltextes verwechselt er zulässige mit unzulässigen Anträgen und hat schließlich Mühe die große Zahl von 190 Mrd. EUR plus etwas Kleingeld fehlerfrei auszusprechen. Das alles ist menschlich, keine Frage. Das Urteil selbst, in seiner Schlichtheit, irritiert den Laien allerdings schon. Da sucht man vergebens nach einer Überraschung, von Weisheit keine Spur. Sinngemäß heißt es dort verkürzt und salopp: »Die 190 Mrd. Euro gehen verfassungsmäßig in Ordnung. Wenn die nicht ausreichen sollten, müßt ihr das zuvor im Bundestag besprechen, und bitte keine Heimlichkeiten mehr.« Das gesamte Urteil wirkt so wie die Verschriftlichung eines allerersten Gedanken, eines Drafts, der beim Anstehen in der Gerichtskantine in die Tüte gesprochen wurde. Dafür hat das Bundesverfassungsgericht fast drei Monate Zeit und viele Experten und Gutachter benötigt?

Ein schwarzer Tag für den EuroDas Zittern um den Euro und die EU geht also in die nächste Runde. In den kommenden Monaten wird also EU weit der Versuch unternommen unter Auferbietung vieler Milliarden Euro die Märkte zu beruhigen. Das Gegenteil wird unter ökonomischen Gesichtspunkten damit normalerweise erreicht. Es regt die Märkte an für Investitionen und Konsum und bringt sie so wieder in Bewegung. Das strukturelle Ungleichgewicht der Euro-Staaten zueinander bleibt damit aber erhalten. Für die einen ist der Euro zu hart, für die anderen ist er zu schwach.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts kennt nur Sieger. Vergleichbar etwa wie beim Umgang mit Wahlergebnissen. Alle finden sich in dem Urteil wieder, keiner hat auf ganzer Linie verloren, alle haben gewonnen. Für die Linken bleibt ein »Hauptsache wir haben einmal darüber gesprochen« und die Regierungsparteien haben ohnehin nichts anderes gewollt und fühlen sich jetzt auf ganzer Linie bestätigt. Die Sozis möchten viel mehr Europa und die Grünen, auffällig durch ihren vorauseilenden Europagehorsam, würden noch weitaus größere Geldbeträge an den ESM überweisen.

Zurück bleiben verunsicherte Bürger, die sehen, daß hier eine riesige Polit-Show gefeiert wird und Eitelkeiten gepflegt werden. Währenddessen steigen schon die Preise für privat genutztes Wohneigentum. Ein Indikator, der Anlaß zur Sorge geben sollte und bereits die nächste Schieflage ankündigt.
rh2012-09-003